Sie ist der große Hoffnungsträger für den Taunus und zahlreiche weitere Städte im Rhein-Main-Gebiet: die Regionaltangente West (RTW). Die direkte Bahnverbindung zwischen Bad Homburg und dem Frankfurter Flughafen schien lange Zeit nur Befürworter zu haben – aber plötzlich steht ein dickes Fragezeichen hinter dem Mammutprojekt.
Von Matthias Pieren
Hochtaunus. Die Regionaltangente West soll den Taunus mit dem Flughafen verbinden. Der Bahnhof in Höchst ist auf dieser Strecke eine Haltestelle. Foto: ReußEs war Ende 2008, als für die Regionaltangente West eine eigene Planungsgesellschaft gegründet wurde – ausgestattet mit knapp sechs Millionen Euro. Die Mission: Die Voraussetzungen für den Bau der Bahnverbindung schaffen. Jetzt, gut drei Jahre später, ist die GmbH am Scheideweg. Wird ihre Frist nicht in Kürze verlängert, wird die Gesellschaft Ende des Jahres zu Grabe getragen und mit ihr dann wohl auch die Regionaltangente.
"Wenn es weiter gehen soll, müssen sich die Gesellschafter demnächst einigen", sagt der GmbH-Geschäftsführer Rolf Valussi. Und genau darin liegt die Crux. Die Gesellschafter – das sind die Städte Frankfurt und Bad Homburg, die Landkreise Hochtaunus, Main-Taunus und Offenbach sowie der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) – ziehen zurzeit nicht an einem Strang.
Zumindest im Taunus war jetzt ein klares Bekenntnis zur Regionaltangente zu hören. Der Kreis und Bad Homburg wollen die Lebensdauer der Planungsgesellschaft bis 2015 verlängern – auch im Interesse weiterer Anrainer-Städte. "Die RTW zählt zu den wichtigsten Verkehrs- und Wirtschaftsförderungs-Projekten in der Region", lautet eine zwischen Landrat Ulrich Krebs (CDU), Bad Homburgs OB Michael Korwisi (Grüne) sowie den Bürgermeistern Hans-Georg Brum (SPD, Oberursel) und Wilhelm Speckhardt (CDU, Eschborn) abgestimmte Erklärung.
Dabei verweisen der Kreischef und die Bürgermeister auf eine Untersuchung zu Kosten und Nutzen. Deren Ergebnis: Der volkswirtschaftliche Nutzen der RTW würde um 34 Prozent über den Kosten liegen. Doch zunächst müsste kräftig investiert werden, und dazu wird auch Geld aus Berlin und Wiesbaden benötigt. "Besonders das Land Hessen wird aufgefordert, sich zu seiner Beteiligung an Investition und Betrieb der RTW durch den Rhein-Main-Verkehrsverbund zu erklären. Die Umsetzung des Projektes hängt auch von dieser finanziellen Beteiligung entscheidend ab", heißt es im Schreiben der Taunus-Politiker.
Es geht also ums liebe Geld. Und daraus macht auch Main-Taunus-Landrat Michael Cyriax (CDU) keinen Hehl: "Wir reden hier insgesamt über fast 1,5 Milliarden Euro bis 2020, die zu finanzieren sind. Der Bau der RTW ist das eine, der Betrieb die andere Herausforderung. Es ist zu befürchten, dass dem RMV unter anderem durch Änderungen bei den Landeszuweisungen in den kommenden Jahren hohe zweistellige Millionensummen zur Deckung laufender Ausgaben fehlen."
Angesichts der diversen Unwägbarkeiten zögern einige Gesellschafter, die Lebensdauer der Planungsgesellschaft zu verlängern und dafür weitere 14,5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Mit diesem Geld soll das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden – und dann gäbe es wohl keinen Weg zurück. "Der nächste entscheidende Schritt, die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens, ist mit weiteren enormen Kosten verbunden", meint dazu der Verkehrsdezernent der Stadt Frankfurt Stefan Majer (Grüne). "Wenn die Gesellschafter diesen Weg einschlagen, bedeutet das unwiderruflich den Startschuss für die Realisierung des Projektes."
Deshalb wolle die Stadt Frankfurt die Entscheidung unbedingt in enger Abstimmung mit Bund und Land gehen, die über die entscheidenden Fördermittel entscheiden. "Bei der anstehenden Entscheidung dürfen die zu erwartenden Betriebskosten nicht verschwiegen werden", so Majer. Neben den Investitionskosten des 500-Millionen-Euro-Projektes fallen nach seinen Angaben zusätzlich jährliche Betriebskosten in zweistelliger Millionenhöhe an – und deshalb müsse geklärt werden, wie diese Kosten verteilt werden.
Dass sich die Gesellschafter nicht einig sind, weiß auch Valussi. "Wer die Tangente nicht haben will, der soll das offen sagen", kommentiert der Geschäftsführer das Hickhack um die RTW-Zukunft.