Regionaltangente West

Es werden immer mehr Millionen

VON MANFRED BECHT

Die Planungen für die Regionaltangente West werden immer teurer. Der Main-Taunus-Kreis ist jetzt mit rund vier Millionen Euro dabei. Das sorgt für Diskussionen.

So viel ist klar: Auch Sulzbach soll an die RTW angeschlossen werden. Es könnte sogar sein, dass am Oberliederbacher Weg ein weiterer Haltepunkt eingerichtet wird. Entschieden ist das noch nicht. Die Planer prüfen diese Möglichkeit aber.

Main-Taunus.

Kelkheims früherer Bürgermeister Thomas Horn hat sich auch nach dem Wechsel in den Regionalverband seine Vorliebe für plakative Formulierungen bewahrt. Es gebe, so der CDU-Politiker im Kreistag, eine „Ermessensreduzierung auf Null“. Die Bundeskanzlerin spricht in solchen Fällen von „alternativlos“, ist bei der geplanten Regionaltangente West aber nicht weiter gefragt. Dass die gebaut werden muss, ist in der Politik weitgehend unumstritten, die Linken allerdings haben an den konkreten Bedingungen so einiges auszusetzen. Zum Beispiel wenn es um die Planungskosten geht.

Dazu gibt es, um es neutral zu formulieren, bemerkenswerte Zahlen. Vor vielen Jahren sei von sechs Millionen Euro die Rede gewesen, so die Linken-Kreistagsabgeordnete Barbara Grassel. In einer Vorlage für den Kreistag wird jetzt ganz offiziell ein Betrag von 56,6 Millionen Euro genannt, wohlgemerkt nur für die Planung. Damit ist noch kein Meter Schiene gebaut. Der Kreis war bislang von 27 Millionen Euro ausgegangen und muss 2,1 Millionen Euro nachträglich bewilligen. Das bedeutet eine Beteiligung von rund 4 Millionen Euro.

Eschborn ist kritisch

__________________________________________________________________________________________

Drei Varianten sind in den Köpfen

Das Main-Taunus-Zentrum (MTZ) hat keine Schienenanbindung und bekommt auch durch die Regionaltangente West (RTW) keine. Eine Änderung der Pläne für die RTW scheidet aus, dazu ist dieses Vorhaben zu weit fortgeschritten (wir berichteten). Bislang setzt das MTZ darauf, dass die meisten Kunden mit dem Auto kommen. Ohnehin ist nicht bekannt geworden, dass die Betreibergesellschaft des Einkaufszentrums, ECE, sich dafür stark gemacht hätte, die RTW über das MTZ zu führen. Die Frage der ÖPNV-Anbindung des MTZ stellt sich allerdings neu, sollte die vom Regionalverband vorgeschlagene „MTZ-Stadt“ mit Wohnungen für 6000 Menschen rund um das Einkaufszentrum Realität werden. Die Initiatoren des Regionalverbandes wollen heute vor der Presse vorstellen, wie sich das MTZ und das mögliche Neubaugebiet besser ans ÖPNV-Netz anbinden lassen. Darüber sollen die Kreistagsabgeordneten im August im Rahmen einer Ausschusssitzung informiert – so lautete am Montag ein Vorschlag der Linken. Daraus wird allerdings nichts. Da die MTZ-Stadt so schnell nicht komme, wenn überhaupt, sei noch Zeit genug, über die Verkehrsanbindung zu sprechen, ließ die CDU wissen. Nachgedacht wird offenbar über drei Varianten: Erstens eine Verlängerung der Straßenbahn bis zum MTZ oder gar darüber hinaus. Zweitens ein Abzweig von der bestehenden Bahnstrecke von Höchst nach Königstein und drittens eine Abzweigung von der Bahnstrecke von Höchst nach Bad Soden. ( bt)

__________________________________________________________________________________________

Die Regionalpolitiker ficht das nicht an. „Es hakt an einigen Stellen im öffentlichen Personennahverkehr“, beschrieb Kreisbeigeordneter Johannes Baron die Situation. Bei der RTW gebe es eine realistische Aussicht auf Baubeginn, und daher sei es sinnvoll, das Geld für die Planung auszugeben, so Bad Sodens Bürgermeister Frank Blasch, der auch Chef der CDU-Kreistagsfraktion ist. Und Thomas Horn bezeichnete die RTW nicht nur als „Zauberschlüsse für die Entlastung Frankfurts“, sondern denkt schon einen Schritt weiter. Diese Strecke von Bad Homburg bis zum Flughafen könne nur der Anfang für einen Schienenring rund um Frankfurt sein.

Main-Taunus.

Warum sich die Planungskosten jetzt aber mehr als verdoppelt haben, das geht aus der Vorlage des Kreisausschusses nicht genau hervor. Es gehe um die Betriebskosten der Planungsgesellschaft, Fortsetzung der Planungen, Gutachterkosten, das Genehmigungsverfahren und die Vorbereitung zur Vergabe des Baus.

„Ein Märchen“

Die Planer der Regionaltangente West dringen auf rasche Entscheidungen der Politik. Statt über eine mögliche Anbindung weiterer Orte zu diskutieren, solle man sich auf die Kernstrecke konzentrieren

Die Linken im Kreistag haben noch viel mehr Kritikpunkte als die explodierenden Planungskosten. Nachdem die Planungsgesellschaft lange vor allem Werbung für das Projekt gemacht hatte, würden jetzt Probleme offensichtlich, etwa bei der Trassenführung im Frankfurter Westen und der Anbindung im Höchster Bahnhof. Die Verkürzung der Fahrzeit von Bad Homburg nach Frankfurt habe sich als Märchen herausgestellt. Und der Flughafenbetreiber Fraport beteilige sich nicht an den Kosten, obwohl er erheblich von dem Projekt profitiere. Im einzelnen gingen die anderen Parteien auf diese Themen aber nicht ein. CDU-Mann Blasch wies darauf hin, dass es voraussichtlich Bundesmittel für den Bau der Strecke gebe, das Land wohl ebenfalls, so dass die Kommunen nur 15 Prozent zu tragen hätten „Gut angelegtes Geld“, findet der Sodener. Die Baukosten wurden zuletzt übrigens auf 376 Millionen Euro geschätzt. Der Kreistag stimmte übrigens nicht nur den höheren Planungskosten zu, sondern auch der Aufnahme von Bad Soden und Sulzbach in die Planungsgesellschaft.

Kommentar

Der Schienenring rund um Frankfurt wird gebraucht

22.06.2018

VON MANFRED BECHT

Die Regionaltangente West muss kommen, ganz klar. Die Region wächst und droht im Verkehr zu ersticken. Selbst ohne zusätzliche Einwohner und zusätzlichen Autoverkehr wäre der Bau der Strecke wünschenswert, um aus Gründen des Umweltschutz mehr Menschen aus den Autos und in die Züge zu bekommen. Daher ist auch die Einbindung von Bad Soden und Sulzbach wichtig. Warum sollte man nicht prüfen, ob es nicht ein Betriebskonzept mit noch mehr solchen Abzweigungen geben kann, wenn nicht gleich, so doch später? Letztlich wird auch der Schienenring rund um Frankfurt gebraucht. Aber es ist erschreckend, wenn die Planungskosten plötzlich mehr als doppelt so hoch sind wie zuletzt gedacht. So etwas kommt zwar vor, und womöglich kann man noch nicht einmal jemandem deswegen einen Vorwurf machen. Aber es handelt sich um Steuergelder, und daher muss schon geklärt werden warum es zu einer solchen Kostensteigerung kommt. Dass da jetzt von einer Fortsetzung der Planung und den Kosten für das Genehmigungsverfahren die Rede ist, überzeugt überhaupt nicht – dass vernünftig geplant und genehmigt werden muss, stand von vornherein fest. Das reicht also nicht. Der Kreis kann sich die Sache einfach machen, er holt sich das Geld, das er braucht, von den Kommunen. Orte wie Sulzbach oder Bad Soden aber müssen dafür womöglich andere Dinge streichen, Schulden machen oder die Steuern erhöhen. Deshalb bedarf es guter Begründungen. Sonst bröckelt der öffentliche Rückhalt für das Projekt RTW. Das ist das letzte, was die Region gebrauchen kann.