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Im September wird über den Fortbestand der Regionaltangente West entschieden. Ein leidenschaftlicher Appell, der auch von der Stadt Frankfurt unterstützt wird, soll zur Rettung des Großprojekts beitragen.
Frankfurt. Am Ende geht es wie immer um Geld, um viel Geld. Rund 20 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre, dann noch mal um eine halbe Milliarde Euro. So viel würde es, Stand heute, kosten, die Regionaltangente West (RTW) zu verwirklichen. Die 20 Millionen bräuchte man allein für die Planung, der "Rest" würde in die 71 Kilometer Schienen und die dazugehörigen Fahrzeuge fließen.
Und vor diesen Summen schreckt der eine oder andere der insgesamt sechs Gesellschafter der Planungsgesellschaft RTW (Kreis Offenbach, Main-Taunus- und Hochtaunuskreis, Bad Homburg, Frankfurt und der RMV) zurück. Jetzt haben elf Kommunen den Skeptikern eine deutliche Antwort gegeben: "Die Regionaltangente West ist eine der wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen der Region", haben Vertreter von Bad Homburg, Frankfurt, Neu-Isenburg, Dreieich, Eschborn, Friedrichsdorf, Kronberg, Oberursel, Rödermark, Steinbach und Sulzbach in einer Resolution festgehalten, die auch der Regionalverband Frankfurt/Rhein-Main und die Fraport AG unterschrieben haben.
Sehr erfreut waren die Rathauschefs, die an einer Pressekonferenz im Bad Homburger Rathaus teilnahmen, vor allem über das klare Votum aus Frankfurt. Verkehrsdezernent Stefan Majer (Grüne) hat die Resolution nicht nur unterschrieben, sondern auch bereits einen Magistratsbeschluss pro RTW in der Tasche. Das ist insofern verwunderlich, da im Umland viele Politiker Zweifel hatten, ob die Regionaltangente in der Mainmetropole die wichtigste Priorität hat. Vor allem in der Frankfurter CDU gab es Widerstände. Mittlerweile sollen die Bremser eher im Main-Taunus-Kreis zu finden sein.
Die RTW soll Bad Homburg und den Frankfurter Westen direkt mit dem Frankfurter Flughafen verbinden und weiter bis nach Neu-Isenburg führen. So entstünde ein Schienen-Ring um Frankfurt. Die Initiative zu der Resolution war von Homburgs OB Michael Korwisi (Grüne) und Neu-Isenburgs Bürgermeister Herbert Hunkel (CDU) ausgegangen. Die Zeit drängt, der Vertrag zur RTW-Planungsgesellschaft läuft zum Jahresende aus. Endet die Gesellschaft, stirbt das Projekt. Am 12. September tagt die Runde der Gesellschafter, dann muss über den Fortbestand der Planungsgesellschaft befunden werden.
Nicht zuletzt deswegen wurde der Resolution auch noch ein Versprechen angeheftet – und das könnte den Ausschlag für den Fortbestand der Gesellschaft geben: Die Anrainer stellen in Aussicht, sich an den Planungskosten von 20 Millionen Euro zu beteiligen. Bislang regelt ein Einwohnerschlüssel die Kostenfrage. Künftig soll die Zahl der Nutzer der neuen Bahn Grundlage für die Aufteilung sein. Frankfurt müsste demnach eine Anteil von acht bis zehn Millionen Euro tragen. Auch die Fraport AG müsse sich, so Korwisi, an den Kosten beteiligen.
Sollten die Gesellschafter den Fortbestand beschließen, könnten die Planungsphasen drei und vier eingeläutet werden, sprich: die Ausführungsplanung bis hin zur Planfeststellung abgearbeitet werden. Rund zweieinhalb Jahre bis 2015 würde dieser Prozess in Anspruch nehmen.
"Es wäre fatal, wenn das Projekt beerdigt würde", sagte Hunkel und verweist auf die Zukunftsfähigkeit der Region. Korwisi ist aber zuversichtlich, dass man dem gemeinsamen Ziel ein Stück nähergekommen sei: "Ich bin optimistisch, dass es weitergeht." col/mu
Sie ist der große Hoffnungsträger für den Taunus und zahlreiche weitere Städte im Rhein-Main-Gebiet: die Regionaltangente West (RTW). Die direkte Bahnverbindung zwischen Bad Homburg und dem Frankfurter Flughafen schien lange Zeit nur Befürworter zu haben â€" aber plötzlich steht ein dickes Fragezeichen hinter dem Mammutprojekt.
Von Matthias Pieren
Hochtaunus. Die Regionaltangente West soll den Taunus mit dem Flughafen
verbinden. Der Bahnhof in Höchst ist auf dieser Strecke eine Haltestelle. Foto:
ReußEs war Ende 2008, als für die Regionaltangente West eine eigene
Planungsgesellschaft gegründet wurde â€" ausgestattet mit knapp sechs Millionen
Euro. Die Mission: Die Voraussetzungen für den Bau der Bahnverbindung schaffen.
Jetzt, gut drei Jahre später, ist die GmbH am Scheideweg. Wird ihre Frist nicht
in Kürze verlängert, wird die Gesellschaft Ende des Jahres zu Grabe getragen und
mit ihr dann wohl auch die Regionaltangente.
"Wenn es weiter gehen soll, müssen sich die Gesellschafter demnächst einigen", sagt der GmbH-Geschäftsführer Rolf Valussi. Und genau darin liegt die Crux. Die Gesellschafter â€" das sind die Städte Frankfurt und Bad Homburg, die Landkreise Hochtaunus, Main-Taunus und Offenbach sowie der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) â€" ziehen zurzeit nicht an einem Strang.
Zumindest im Taunus war jetzt ein klares Bekenntnis zur Regionaltangente zu hören. Der Kreis und Bad Homburg wollen die Lebensdauer der Planungsgesellschaft bis 2015 verlängern â€" auch im Interesse weiterer Anrainer-Städte. "Die RTW zählt zu den wichtigsten Verkehrs- und Wirtschaftsförderungs-Projekten in der Region", lautet eine zwischen Landrat Ulrich Krebs (CDU), Bad Homburgs OB Michael Korwisi (Grüne) sowie den Bürgermeistern Hans-Georg Brum (SPD, Oberursel) und Wilhelm Speckhardt (CDU, Eschborn) abgestimmte Erklärung.
Dabei verweisen der Kreischef und die Bürgermeister auf eine Untersuchung zu Kosten und Nutzen. Deren Ergebnis: Der volkswirtschaftliche Nutzen der RTW würde um 34 Prozent über den Kosten liegen. Doch zunächst müsste kräftig investiert werden, und dazu wird auch Geld aus Berlin und Wiesbaden benötigt. "Besonders das Land Hessen wird aufgefordert, sich zu seiner Beteiligung an Investition und Betrieb der RTW durch den Rhein-Main-Verkehrsverbund zu erklären. Die Umsetzung des Projektes hängt auch von dieser finanziellen Beteiligung entscheidend ab", heißt es im Schreiben der Taunus-Politiker.
Es geht also ums liebe Geld. Und daraus macht auch Main-Taunus-Landrat Michael Cyriax (CDU) keinen Hehl: "Wir reden hier insgesamt über fast 1,5 Milliarden Euro bis 2020, die zu finanzieren sind. Der Bau der RTW ist das eine, der Betrieb die andere Herausforderung. Es ist zu befürchten, dass dem RMV unter anderem durch Änderungen bei den Landeszuweisungen in den kommenden Jahren hohe zweistellige Millionensummen zur Deckung laufender Ausgaben fehlen."
Angesichts der diversen Unwägbarkeiten zögern einige Gesellschafter, die Lebensdauer der Planungsgesellschaft zu verlängern und dafür weitere 14,5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Mit diesem Geld soll das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden â€" und dann gäbe es wohl keinen Weg zurück. "Der nächste entscheidende Schritt, die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens, ist mit weiteren enormen Kosten verbunden", meint dazu der Verkehrsdezernent der Stadt Frankfurt Stefan Majer (Grüne). "Wenn die Gesellschafter diesen Weg einschlagen, bedeutet das unwiderruflich den Startschuss für die Realisierung des Projektes."
Deshalb wolle die Stadt Frankfurt die Entscheidung unbedingt in enger Abstimmung mit Bund und Land gehen, die über die entscheidenden Fördermittel entscheiden. "Bei der anstehenden Entscheidung dürfen die zu erwartenden Betriebskosten nicht verschwiegen werden", so Majer. Neben den Investitionskosten des 500-Millionen-Euro-Projektes fallen nach seinen Angaben zusätzlich jährliche Betriebskosten in zweistelliger Millionenhöhe an â€" und deshalb müsse geklärt werden, wie diese Kosten verteilt werden.
Dass sich die Gesellschafter nicht einig sind, weiß auch Valussi. "Wer die Tangente nicht haben will, der soll das offen sagen", kommentiert der Geschäftsführer das Hickhack um die RTW-Zukunft.