Höchster Kreisblatt

6.06.2011

Regionalteil Sulzbach:

"Ein monströser Eingriff"

CDU lehnt Trassenverlauf der Regionaltangente ab – Skepsis auch bei anderen Parteien

Bei den Sulzbacher Kommunalpolitikern läuten die Alarmglocken. Sie sind nicht gegen eine Bahnverbindung aus dem Hochtaunuskreis zum Frankfurter Flughafen. Aber ihnen missfällt, wo die Schienen verlaufen sollen.

Sulzbach. "Hier werden sinnlos beste Ackerflächen für ein Vorhaben geopfert, von dem Sulzbach weder einen Nutzen noch eine Steigerung seiner Attraktivität erfährt." Das sagte Stefan Uhrig (CDU) in der Sitzung des Planungs- und Bauausschusses. Das Thema: der Trassenverlauf der geplanten Regionaltangente West (RTW).

Ausschuss hat Zweifel

Den Ausschussmitgliedern lagen Pläne vor, die zeigen, wie die neue Verkehrsverbindung verläuft. Sie entspringt in Bad Homburg und am Frankfurter Nordwest-Zentrum und führt zum Rhein-Main-Flughafen sowie nach Neu-Isenburg und Dreieich. Von Schwalbach aus geht es auf Sulzbacher Gelände entlang, ein Stück parallel zur A 66 (Frankfurt - Wiesbaden). Auf einem 8,5 Meter breiten Damm überquert die Trasse bei Sossenheim die Autobahn. Uhrig ist bestürzt: "Es wird eine historisch bedeutungsvolle Stätte, der Galgenberg an der A 66, überplant und die Seewiesen durch den Damm zerstört." Der Galgenberg ist eine ehemalige Gerichtsstätte, die 1508 durch das Siegel des freien Ortsgerichts zu Sulzbach erstmals erwähnt wurde.

Bedenken haben nicht nur die Mitglieder der CDU-Fraktion. Der komplette Planungs- und Bauausschuss (PBA), der sich zu vorgerückter Stunde mit diesem heiklen Thema befasste, steht der Regionaltangente sehr skeptisch gegenüber. "Ist das akzeptabel aus unserer Sicht? Welche Mittel haben wir in der Hand, um dagegen vorzugehen?", fragte der Vorsitzende Dr. Helmut Sinn (SPD).

In ihrer einstimmigen Beschlussfassung erheben die PBA-Mitglieder "erhebliche Bedenken gegen die vorgestellte Planung". Was tun? Der Gemeindevorstand soll eine Sondersitzung des Ausschusses vorbereiten und dazu Vertreter der Regionaltangente-Planungsgesellschaft einladen. Zudem soll die Verwaltung klären, welche Möglichkeiten die Gemeinde hat, das rund 350 Millionen Euro teure Vorhaben im Sulzbacher Teil des Trassenverlaufs zu beeinflussen.

 

"Unverantwortlich"

Die CDU-Fraktion, so bekräftigt sie nach der Ausschuss-Sitzung, wertet das Bauvorhaben als "erheblichen Eingriff in das Gefüge Sulzbachs". Sie spricht von einer "unverantwortlichen Planung in diesem sowohl unter Natur und Umwelt als auch historischen Gesichtspunkten bedeutungsvollen Bereich der Sulzbacher Gemarkung".

Südlich der A 66 bauen

"Es geht uns nicht um die Ablehnung der Regionaltangente West", sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Matthias Brandt. "Wir begrüßen dieses wichtige Projekt für die Region. Doch einen Trassenverlauf, wie er jetzt geplant ist, kann ein Sulzbacher Gemeindevertreter nicht gut finden." Zu wichtig sind der CDU die Anstrengungen der vergangenen Jahre, als dass dies jetzt alles "einem solch monströsen Eingriff" geopfert werden solle. Die Union erinnert an vielfältige Projekte wie die Regionalparkroute, die den Ort attraktiver für die eigenen Bürger, aber auch für Fremde machten.

Die CDU formuliert ihre Sorgen über den Erhalt der "schönsten und wertvollsten Streuobstwiesen in der Gemarkung Sulzbach, die es zu schützen gilt". Sie nennt dazu Fakten und Zahlen: Die Planung sehe vor, im Bereich der Streuobstwiesen den bestehenden Feldweg zurückzubauen und drei Rampen zu errichten, um den Verkehr in acht Meter Höhe über einen wahrscheinlich unbeschrankten Bahnübergang zu führen. Die geplante Trassenführung würde ein Niemandsstreifen bestes Ackerland von 140 Meter Breite und 200 Meter Länge entstehen lassen. Stefan Uhrig, CDU-Gemeindevertreter und Landwirt: "Wir reden bei dieser Planung über einen Flächenverlust von 80 000 Quadratmetern und voraussichtlich dieselbe Größe noch mal als Ausgleichsfläche, also insgesamt 16 Hektar bestes Land, das hier sinnlos überbaut wird."

Für die Sulzbacher CDU käme als wesentlich kostengünstigere Variante eine Trassenführung südlich der A 66 auf Sossenheimer Gemarkung in Frage. Matthias Brandt: "Unserer Ansicht nach wäre eine Überquerung der Autobahn direkt hinter der Autobahnauffahrt Eschborn vom Höhenausgleich her wesentlich einfacher und kostengünstiger zu bauen als die jetzt vorgestellte Querung in Sulzbach."

Eschborn ist für RTW

Ob diese Idee in dem Frankfurter Stadtteil auf offene Ohren stößt? Auch dort gibt es eine Initiative, die sich Gedanken über den Trassenverlauf macht. Den Eschbornern wird’s egal sein. Der MTK-Finanzkrösus hat sich längst dafür ausgesprochen, die RTW zu bauen. Eschborn will vor allem seine Gewerbegebiete (Ost, Helfmann-Park, Süd, Camp-Phönix) an die Bahn anbinden und die Stadt somit vom Straßenverkehr entlasten.wm (wm)

Artikel vom 06. Juni 2011, 03.22 Uhr (letzte Änderung 06. Juni 2011, 05.06 Uhr)